eingestellt kennengelernt. Positiv in der Hinsicht, dass er für Inhalte sorgen wollte, wenn wir die Räumlichkeiten stellen. Eine junge Kreativszene in all dem damaligen Leerstand und Verfall zu etablieren, war anfangs kein Selbstläufer, aber Moritz Schmeckies hat sich das zugetraut. Räume nicht nur zur Zwischennutzung M. Schmeckies: Mein Anspruch war, eine Möglichkeit zu schaffen, um die Abwanderung von jungen Kreativen und Existenzgründerinnen und -grün- dern aus Bremerhaven zu stoppen. Ich wusste, dass es im Viertel Gebäude gibt, die in anderen Städten längst von dieser Szene vereinnahmt worden wären, und ich dachte, vielleicht pro- biert man genau das hier mal auf dem regulären Weg. Also durch Gespräche mit der Eigentümerin, im konkreten Fall mit der Städtischen Wohnungs- gesellschaft. Die Leute aus der Szene, die noch hier waren, haben nämlich wie blöde nach finanzierbaren Räumen abseits der Zwischennutzung gesucht, nach dauerhaften Lösungen mit einem zuverlässigen Vermieter. S. Lückehe: So kam die Stäwog ins Spiel und wir entwickelten gemeinsam die Idee der Co-Working-Bereiche und des Wohnens und Arbeitens unter einem Dach. M. Schmeckies: Ich wollte mir hier ja auch selbst etwas aufbauen, und als klar war, dass die Stäwog das Projekt umsetzen will und jemanden an der Schnittstelle zu den vom Unterneh- men gewünschten Mieterinnen und Mietern braucht, wurde das mein S T Ä W O G P A R T N E R Auftrag. Ich habe dann zuerst dafür gesorgt, dass schon auf der Baustelle kreative Projekte stattfinden und der Betrieb der Galerie Goethe45 aufrechterhalten wird. Als ich mich 2013 als Geschäftsführer beworben habe, habe ich gesagt, dass es keine nachhaltige Entwicklung für Bremerhaven geben kann, wenn das Goetheviertel weiter nur für schlechte S. Lückehe: Dafür hat BremenPorts zwischendurch einen Container be- reitgestellt, das war eine sehr schöne Aktion. Wir haben dabei gelernt, dass Zwischenlösungen durchaus ihren Reiz haben können. M. Schmeckies: Auch für uns als Kreativszene war diese Kooperation Neuland. Deutschlandweit ist die enge Zusammenarbeit mit einer Wohnungs- gesellschaft wie der Stäwog doch zumindest sehr ungewöhnlich. Ich würde mir wünschen, dass das Modell Schule macht. Der Stadtteil wird wieder interessant STÄWOG Magazin: Sie sehen das Modell also als Erfolg an? M. Schmeckies: Unbedingt. Die Ver- änderungen im Goethe-Quartier sind augenfällig, und bei neuen Vorhaben müssen wir trotz vieler personellen Wechsel nicht mehr mit Widerständen in den Verwaltungen rechnen. Unser Ansatz hat nachweislich etwas für die Stadt gebracht. S. Lückehe: Die Rendite für die Stadt sehe ich auch als Auftrag der Stäwog. Nachrichten gut ist. Und heute haben wir Besuchergruppen aus ganz un- terschiedlichen Städten, die alle von der Entwicklung im „ärmsten Quartier Deutschlands“ begeistert sind. M. Schmeckies: Der Stadtteil wird wieder interessant, andere Leute ziehen ein – auf diese Entwicklung haben wir gemeinsam hingearbeitet. Natürlich kommen jetzt auch die üblichen Vorwürfe, Gentrifizierung, Verdrängung und Ähnliches. Aber zum einen sind sie bisher leicht zu entkräften, zum anderen muss man sich überlegen, ob man den Status Quo erhalten oder positive Verände- rungen bewirken will. Die Kreativwirt- schaft hat sich als effizientes Mittel der Stadtentwicklung erwiesen. Als ein Mittel, das tatsächlich gezielt eingesetzt werden kann. S. Lückehe: Wichtig ist eben, die Menschen vor Ort von vornherein mit einzubeziehen. Das wollen wir als Stäwog auch weiter so machen. STÄWOG Magazin: Planen Sie für die Zukunft weiter den Schulterschluss? S. Lückehe: Wir können weiterhin die Räume schaffen, die Ideen kommen dann von anderen Seiten. Mehrgenerationenhaus, Kreativhaus, Studierendenhaus und Starthaus – wir versuchen nicht zu streuen, sondern unsere Mittel auf engem Raum einzu- setzen. Außerdem vertrauen wir bei Projekten wie den Bildungsbuddies auf Kooperationen, die manchmal auch Geduld erfordern. Und wir brau- chen im Goethequartier weiter einen vielfältigen Blick auf die Gebäude. Neben dem der Immobilienwirtschaft auch den der Nutzerinnen und Nutzer, den Zielgruppen der Bewohnerinnen und Bewohner. M. Schmeckies: Ich funktioniere dabei in erster Linie als Bindeglied. Die Leu- te, die die Ideen am Ende künstlerisch oder handwerklich umsetzen, sind andere, und ohne sie wäre das alles gar nicht möglich. S. Lückehe: Die Stäwog kommt über Herrn Schmeckies auf jeden Fall an kreative Menschen, die sie mit kon- kreten Aufgaben beauftragen kann. Zum Beispiel mit der Einrichtung des Studierendenhauses, den dortigen Bil- dern oder Graffitis in und an unseren Liegenschaften. Das hat sich richtig gut entwickelt. M. Schmeckies: Wir haben im ersten Schritt Abwanderung verhindert und müssen uns jetzt damit beschäftigen, wie wir kreative Leute mit guten Ideen zum Umzug nach Bremerhaven bewegen können. S. Lückehe: Wenn es gute Ideen gibt, haben wir als Städtische Wohnungs- gesellschaft dafür auch in Zukunft bezahlbaren Wohnraum. Das ist in anderen Städten nicht so, und mit dieser einmaligen Ausgangssituation müssen wir werben. S TÄW O G M A G A Z I N | M Ä R Z 2 024 | 3